Träume als diagnostisches Hilfsmittel
Christoph Gassmann, 2010
Ich möchte hier ein paar Träume vorstellen, die mir geholfen haben körperlich gesund zu bleiben. Sie informierten mich über die Ernsthaftigkeit meines Zustandes, beziehungsweise über die Ursache meines Problems:
Am Tag vor dem ersten Traum hatte mich meine Frau auf einen kleinen, unregelmässigen dunklen Fleck hinten an meinem linken Ellbogen aufmerksam gemacht. Ich hatte mir diesen im Spiegel etwas nachdenklich angeschaut und mich dann entschieden, abzuwarten, um zu sehen, was passiert, denn wir beide wussten, dass bösartige Geschwulste sich verändern und bewegen würden. Obwohl ich ernsthaft das Geschehen verfolgen wollte, nahm ich es nicht allzu tragisch. Darauf hatte ich folgenden Traum:
13.8.2001 Warten auf den Tod
Ich war in einer Kultur, wo die Selbsttötung akzeptiert war. Ich
lag im Spital und wartete auf das Pflaster mit dem Tötungsgift,
das mir auf den Arm, über die Vene beim Ellbogen geklebt werden
sollte. Ich war etwas gespannt und man beteuerte, ich solle auf der
Seite liegen bleiben. Offenbar befürchtete man, dass ich erbrechen
und dann ersticken würde. Doch dies mutete mich etwas als Theater
an, denn ich lag auf der Seite und alles war in Ordnung. Dann wurde das
Pflaster aufgeklebt, die Schicksalsminute war gekommen. Ich hatte etwas
Angst und war gespannt auf den entscheidenden Moment, nahm das Pflaster
aber nicht weg, da es ganz in meinem Sinne war. Ich war innerlich
still, keine Gedanken. Ich erwartete ein Einschlafen, wie ich es von
Vollnarkosen kannte. Im Warten auf den Tod und in der Gewissheit,
möglicherweise die wichtigste Minute meines Lebens zu erleben,
wachte ich auf. Ich lag genauso im Bett, wie im Traum in Erwartung des
Todes. Beim Aufschreiben des Traumes rann mir dann doch eine Träne
über die Wange. Es war wohl doch eine äusserst intensive
Minute!
Man beachte, dass der Ellbogen im Traum thematisiert wurde, wenn es auch die Stelle genau gegenüber dem Fleck war. Auch wird das Thema des ruhigen Abwartens dargestellt. Damals verstand ich den Traum nicht wirklich und war irgendwie noch Stolz auf meinen Mut im Traum!
Immer wieder einmal betrachtete ich den Fleck. Zwei Jahre später hatte ich den Eindruck, dass er sich etwas verändert hatte. Wieder einmal, nun schon etwas mehr beunruhigt hatte ich ihn mir im Spiegel angesehen. Darauf träumte mir folgendes:
2.9.2003 Beschleunigung
Ich war im Weltraum in einer fortgeschrittenen Zivilisation. Ich
erlernte das Navigieren in verschiedenen Sternsystemen und musste dabei
erlernen verschiedene Seinsachsen verschiedener Galaxien und Universen
richtig zu berechnen oder einzuschätzen, was in jener Kultur
selbstverständlich war.
Schliesslich ging es auf die Reise, was ein spezielles Abenteuer war.
Wenn das Raumschiff genügend beschleunigt hatte, erhielt man eine
Art Lokalbetäubung des Bewusstseins und wurde dann in einen
Lichtstrahl hineingewirbelt, um mit dem Raumschiff zu verschmelzen, das
auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigte. Es war eine etwas
beängstigende Prozedur, in der man sich in Licht auflöste,
daher die Betäubung. Als weitere Hilfe beim Beschleunigungsvorgang
assistierte einem ein sehr liebevolles und freundliches aber
unsichtbares Wesen. Es drehte mich in den Lichtstrahl hinein. Ich
erlebte das Ganze bewusst, nur etwas abgedämpft und
erträglicher. Ich wurde zu reiner Energie beschleunigt und
löste mich in meiner Gestalt auf. Das Erlebnis, wie ich so mit
Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum schoss, war so intensiv und
überwältigend, dass ich erwachte (siehe Bild).
Ich verstand den Traum sofort beim Aufwachen. Die Auflösung des Körpers und die Verwandlung in Licht war ein Todessymbol. Am selben Morgen liess ich alles stehen und liegen und begab mich sofort in die Dermatologische Poliklinik. Dort wurde in der Folge ein Melanom festgestellt, glücklicherweise „in situ“, das heisst, es war lokal begrenzt und hatte noch keine Gelegenheit, zu metastasieren. Es konnte in der Folge operativ entfernt werden.
Nun möchte ich noch ein etwas weniger dramatisches Beispiel anfügen. Kürzlich begann ich an Händen, Ellbogen und Füssen ein lästig juckendes Ekzem zu entwickeln. Erst beachtete ich es nicht wirklich, da ich hoffte, dass es vorbei gehen würde. Dann wurde es aber immer schlimmer und ich meldete mich beim Arzt an. Mit keinem Hausmittel war dem Ekzem beizukommen. Gleichzeitig machte ich mir Gedanken über die möglichen Ursachen und recherchierte im Internet. Dabei fand ich verschiedene Ursachemöglichkeiten, die ich hier nicht aufzählen will, darunter auch die Aufnahme von allergenen Substanzen. In der folgenden Nacht hatte ich einen längeren Traum, den ich hier gekürzt wiedergeben möchte:
28.5.2010 Übelkeit
Eines Tages ging es meine Frau nicht gut und sie wusste nicht was
machen. Es war ihr schlecht. Es ging ihr so schlecht, dass sie
schliesslich nicht zur Arbeit ging. Sie entschloss sich, zum Arzt zu
gehen. Der untersuchte sie, konnte aber nicht feststellen, was es war.
Er vermutete, dass sie etwas verschluckt habe, dass die Übelkeit
verursachte. Da meine Frau nicht erbrechen konnte, gab er ihr etwas,
was sie erbrechen liess und dann kam es raus, was ihr Beschwerden
verursachte: ein Haufen Plastik, Zellophan. Der Arzt und sie waren
erstaunt. Er fragte sie, ob sie das ihrem Ehemann erzählt habe,
dass sie Plastik gegessen habe. Sie verneinte und meinte, dass sie sich
nicht erinnern könne, je Plastik gegessen zu haben.
Immer wieder kommt es einmal vor, dass meine Frau im Traum die Stellvertreterin von mir ist, sie erlebt ein Problem, das eigentlich meines ist. Ausserdem weist der Traum selber darauf hin, dass der Sachverhalt etwas ist, das ich wissen muss. Zellophan und Plastik interpretierte ich als Symbole für synthetische Inhaltsstoffe. So wurde es mir sofort nach der Niederschrift des Traumes, mitten in der Nacht um 3h30 klar, dass dies ein Hinweis war, dass ich offenbar seit einigen Wochen regelmässig etwas einnehme, das mir nicht gut tut, das ich aber nicht erkenne. Ich rekapitulierte meine Ess- und Trinkgewohnheiten der letzten Wochen und wurde fündig. Ich hatte von Nescafé Red Cup auf Nescafé Gold umgestellt. Ich stoppte sofort meinen Nescafé Gold Konsum und tatsächlich begann das Ekzem abzuklingen. Ich konnte den Arzttermin kurzfristig absagen.
Einschränkend möchte ich zu dieser Thematik aber erwähnen, dass der Traum nur dann als diagnostisches Hilfsmittel eingesetzt werden kann, wenn man mehr oder weniger regelmässig ein Traumtagebuch führt und sich gewohnt ist, mit Träumen zu arbeiten. Die Erkenntnis beispielsweise, dass die Ehefrau im Traum als Stellvertreterin agieren kann, ist nur möglich, wenn man die Art und Weise seiner persönlichen Träume kennt.
Christoph Gassmann, Horgen, Schweiz
traumring.info